Frauen aus dem Adelsgeschlecht derer von Mengden

Die Nachkommen des Landmeisters des Deutschen Ordens in Livland, Johann von Mengden, genannt Osthof (* um 1400; † 1469), dessen Rittersitz Wasserschloss Haus Mengede im heutigen Dortmund-Mengede war, bekleideten wichtige Ämter im Zarentum Rus und im späteren (ab 1721) Imperium der Rossen. Ernst von Mengden war einer der vertrauten Berater (cтольник [stoljnik]) des Zaren Ioann IV. (* 1530; † 1584), sein Enkel Georg von Mengden (1628 - 1702) nahm als Oberst des Preobraschensker Leib-Garderegiments an den anti-türkischen Feldzügen (1694, 1695, 1696) teil. Später wurde er vom Zaren Peter I. (1672; † 1725) zum Oberbürgermeister von Kiew ernannt. Und die Frauen aus dem Adelsgeschlecht derer von Mengden spielten die hervorragenden Rollen in der Geschichte des Imperiums der Rossen.

 Auguste Juliane von Mengden (* 1719; † 1787) war die erste Hofdame und Freundin der Großfürstin und Regentin des Imperiums der Rossen, Elisabeth Katharina Christine Herzogin zu Mecklenburg-Schwerin (1718; † 1746). Von 1740 bis 1741 war Auguste Juliane von Mengden die Erzieherin des minderjährigen Imperators Ioann VI. (1740 – 1764), der am 17. Oktober 1740 im Alter von zwei Monaten zum Imperator inthronisiert und bereits am 25. November 1741 gestürzt wurde. Nach dem Staatsstreich ging Juliane von Mengden freiwillig mit der imperatorischen Familie in die Verbannung. In der südlichen Grenzfestung Oranienburg (heute: Tschaplygin in der russischen Oblast Lipezk) verbrachte sie 23 Jahre. 1764 wurde es ihr erlaubt, sich in Livland niederzulassen.

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Auguste Juliane von Mengden mit dem Imperator Ioann VI.

176 Jahre später suchte das auffällig ähnliche tragische Schicksal Zinaida Gräfin von Mengden (* 1878; † 1950) heim. Sie war auch die Hofdame – das Fräulein der Gemahlin von Imperator Alexander III. (* 1845; † 1894), Maria Fjodorowna (Marie Sophie Frederikke Dagmar, Prinzessin von Dänemark; * 1847; † 1928). Ihr Vater Georg Theodor Graf von Mengden (* 1836; † 1902) war Generalmajor im Gefolge des durch die Linkextremisten getöteten Imperators Alexander II (* 1818; † 1881). Der Beiname von Alexander II. war ‚Der Befreier‘, da er vollzog die tiefgehenden Reformen und schaffte das Leibeigentum ab. Der Taufpate von Zinaida war Imperator Alexander II., die Taufpatin – Maria Fjodorowna, damals noch die Gemahlin des Thronfolgers. 1904 wurde Zinaida Gräfin von Mengden als ‘Dame d'honneur de la Ville’ (Ehrendame der Stadt Sankt-Petersburg) tituliert und trat dem Gefolge der 1894 verwitweten Imperatorin bei. Am 19 Januar 1912 wurde sie zur Hofdame erhoben. Während des 1. Weltkrieges unterstützte Zinaida ihre Taufpatin bei der Gründung der zahlreichen Krankenhäuser und Heime für die obdachlosen Kinder. Im Auftrag der Imperatorin nahm sie an den vielseitigen Mildtätigkeitaktivitäten des Russischen Roten Kreuzes teil. Als an der Front die Giftgase eingesetzt wurden, stellte das Rote Kreuz die von Wissenschaftler Nikolai Selinski (*1861; † 1953) entwickelten Atemschutzmasken her, was vielen Menschen das Leben rettete.

Nach dem linksextremistischen Umsturz von 1917 folgte Zinaida ihre Imperatorin nach Dänemark und sie ließen sich in Hvidøre bei Kopenhagen nieder. Um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, eröffnete Zinaida Gräfin von Mengden eine Parfümerie, die sich zum gewinnbringenden Unternehmen mit gutem Ruf entwickelte. Sie spendete Geld für die im Sowjetrussland verbliebenen Verwandten und Kinder in Not.

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Zinaida Gräfin von Mengden

Zinaida Gräfin von Mengden war nicht die einzige Frau mit unternehmerischen Talenten in der verzweigten Großfamilie derer von Mengden.

1830 fing Amalia Baronin von Mengden (geb. Baronin von Fölkersahm; 1799 - 1864) ein Geschäft zur Herstellung und zum Vertrieb von reich verzierten Leinwandtischtüchern, -Handtüchern und –Servietten an. Die nach Maßstäben der damaligen Zeit moderne Fabrik befand sich auf dem Gelände des Stammgutes derer von Mengden, Nikolskoje im Gouvernement Kostroma. 1834 wurde ein Umschlagslager in Riga für den Export der Waren nach Westeuropa gebaut. Die Baronin kontrollierte wachsam den Herstellungsprozess selbst und die Produktionsqualität war so hoch, dass die Handelsartikel von Kaufleuten ohne die gewöhnliche Zwischenkontrolle eingekauft wurden. Die Unternehmensproduktion wurde mehrmals mit silbernen und goldenen Medaillen bei den Ausstellungen in Moskau und Sankt-Petersburg ausgezeichnet. Während der Londoner Industrieausstellung 1851 bekam Amalia Baronin von Mengden eine lobende Stellungnahme von der britischen königlichen Kommission über ihre Leintextilwaren. Der Hofmaler am Berliner Hof, Richard L. Lauchert (*1823; † 1868), porträtierte die elegante Unternehmerin. Leider, ist das weitere Schicksal des Gemäldes unbekannt.

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Mit ihrem Mann, dem verdienten Generalmajor der antinapoleonischen Kriege, Michael-Alexander Baron von Mengden (1781 - 1855) hatte Amalia vier Kinder gehabt.

Ihr jüngster Sohn war der Staatsrat und Senator Wladimir Baron von Mengden (* 1825; † 1910), der die Agrarreformen des Imperators Alexander II. im Gebiet Tula umsetzte. Er war der literarische Prototyp von Karenin im Roman von Leo Tolstoi ‚Anna Karenina‘. Seine Frau Elisaweta von Mengden (geb. Bibikowa) war für ihre Schönheit berühmt und hatte viele Verehrer gehabt, unter diesen war auch Leo Tolstoi gewesen, der sogar überlegte, ob er nicht einen Heiratsantrag bei ihr stellen sollte. Eines Tages schrieb, der schon längst mit Sophie Behrs verheiratete Tolstoi, über seine Verhältnisse mit Elisaweta von Mengden in sein Tagebuch ein: „Was passiert wäre, falls sie ihrem Mann einmal untreu werde!“ Aus Tolstois persönlichen Gefühlen und komplizierten Beziehungen mit der Familie derer von Mengden kristallisierte sich die allgegenwärtige Weisheit heraus: „Alle glücklichen Familien gleichen einander, jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise unglücklich.“

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„Karenin“
Wladimir Baron von Mengden


Originalfoto

      

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„Anna Karenina“
Elisaweta Baronin von Mengden


Poster zum Film „Anna Karenina“ (1967)

Baron Michael von Mengden nahm den vernünftigen Abstand von den Geschäfts-angelegenheiten seiner attraktiven Frau Amalia und zog sich zu seinem, noch einen Stammgut Schatowo im Gouvernement Tula zurück, wo er, von der bukolischen Idylle umwoben, mit den leibeigenen Schönheiten liierte, so die Überlieferungen…

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Frauen aus Schatowo, dem ehemaligen Stammgut derer von Mengden
Rayon Dubna, Gebiet Tula / Russland

Walther Friesen

Referenzen:

1. Autor ubekannt: Wikipedia; http://ru.wikipedia.org/wiki/Менгден_Юлиана_Магнусовна; Änderungsstatus: 03:32, 22 апреля 2013.

2. http://dobrodeya.ucoz.de/index/grafinja_zinaida_georgievna_mengden/0-545

3. Lucarelli: Wikipedia; http://de.wikipedia.org/wiki/Lein; Änderungsstatus: am 20. März 2013 um 09:31 Uhr .

4. http://www.rusarchives.ru/evants/exhibitions/gos_sov_biogr/50.shtml

5. poleznyak.ru: Wikipedia; http://ru.wikipedia.org/wiki/Анна_Каренина_(фильм_1967); Änderungsstatus: 12:48, 11 апреля 2013.

6. http://admvoskres.ru/fotogal/shatovo/shatovo-den-sela.html